Sechsmal ist Sevillas Recht

FC Sevilla – Inter Mailand 3:2 (2:2), Rhein-Energie-Stadion Köln, Finale Europa League, Endturnier in NRW, 22.08.2020, DAZN

Nach der Statistik konnte es nur einen Sieger geben. Der FC Sevilla hat die Europa League 2020 gewonnen. Zum sechsten Mal stand das Team aus Andalusien im Finale des Wettbewerbs, der früher UEFA Cup hieß – und zum sechsten Mal war der FC Sevilla erfolgreich. Inter Mailand konnte die guten Leistungen aus den Spielen zuvor nicht wiederholen. Was auch am klug taktierenden Gegner lag.

Ausgerechnet Romelu Lukaku wurde zum Anti-Helden. Der belgische Stürmer in Diensten von Inter war entscheidend am Erfolgsweg der Mailänder beteiligt. Herausragend gegen Getafe (Achtelfinale), Leverkusen (Viertelfinale) und Donezk (Halbfinale), doch am Freitagabend in Köln entschied sein Eigentor zugunsten Sevilla. Auch wenn die UEFA lange das Tor Innenverteidiger Diego Carlos gutschrieb.

In der ersten Halbzeit war das Finale ein grandioses Spektakel. Beide Teams schenkten sich nichts, es ging sofort intensiv zur Sache. Wieder war es Lukaku, der den Auftakt machte: „Diese Zweikampf war eine Katastrophe“, meinte DAZN-Experte Jonas Hummels und er hatte zweifellos recht. Diego Carlos konnte Lukaku nur noch per Foul im Strafraum bremsen, den fälligen Elfmeter verwandelte der wuchtige Angreifer selbst.

Doch dieser FC Sevilla ist ein Team, das Rückschlage scheinbar ohne Wirkung hinnimmt. Gegen Manchester United im Halbfinale wackelten sie in der zweiten Halbzeit gewaltig, doch Uniteds Unvermögen und ein guter Torhüter Bono ließen sie diese Phase überstehen. Mehrmals wurden sie durchgeschüttelt – doch der eingewechselte  Luc de Jong traf zum entscheidenden 2:1 für die Spanier.

„Die Pointen flogen an diesem Abend nur so durch die Gegend“, schrieb die Süddeutsche Zeitung treffend. Denn de Jong, diesmal von Beginn an im Team, machte das, was er am besten kann: Er traf zweimal per Kopf und Sevilla lag auf einmal vorne.

In Mönchengladbach hat man nicht so gute Erinnerungen an den Angreifer und auch in Sevilla lief es bislang höchstens befriedigend. De Jong saß viel auf der Bank. Doch spätestens dieser Abend rechtfertigte seinen Kauf. „Wir sind wie eine große Familie, das ist es egal, wer spielt“, sagte er nach Spielschluss.

Es ging munter weiter: Inter kam – angetrieben von ihrem unermüdlichen Trainer Antonio Conte – durch Innenverteidiger Diego Godin zum 2:2 – auch per Kopf. 

Diego Carlos artistisch

In der zweiten Halbzeit wurde es ruhiger. Sevilla zog sich zurück, doch die Nerazzuri konnten das nicht nutzen. Weil das Team von Julen Lopetegui klug verteidigte und eben bei Standards ganz stark war. Diego Carlos sah bei beiden Inter-Toren nicht gut aus, wackelte auch in den Spielen zuvor, doch in der 74. Minute kam sein großer Moment. Eine Ecke nahm er per Fallrückzieher, Lukaku hätte klären können, traf den Ball aber so unglücklich, dass er ins eigene Netz rollte. Conte brachte danach mit Alexis Sanchez, Christian Eriksen und Victor Moses noch große Namen für die Offensive, aber Inter mühte sich vergeblich.

Was macht Sevilla so stark? Trainer Julen Lopetegui wurde einst bei Real Madrid nach kurzer Zeit gefeuert und davor – wegen seines Wechsels zu Real – als Trainer der spanischen Nationalmannschaft noch vor der WM 2018 entlassen. Der FC Sevilla ist da auch eine persönliche Wiedergutmachung.

Sein Team präsentierte sich bei dieser Endrunde ungemein kompakt. Es ist keine Mannschaft, die spielerisch brilliert. Aber es passt fast alles zusammen, der FC Sevilla verkörpert eine gute Mischung aus Routiniers wie Jesus Navas (34), Ever Banega (32) oder Fernando (33) und Spielern, die noch Luft nach oben haben. 

Dazu hat Sevilla den „Messi der Büros“ (Spiegel): Ramon Rodriguez Verdejo, genannt Monchi, der jetzt schon legendäre Sportdirektor, der den Erfolgsweg des Klubs maßgeblich prägte. Auch wenn in La Liga Barcelona und Real Madrid in weiter Ferne erscheinen. 

 

    

Jubel, Trubel, Heiterkeit und der Cup: Der FC Sevilla in Köln (Foto: Verein)     

  

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