Pirlos Geistesblitz beendete deutschen Traum vom Finale


Deutschland – Italien n.V 0:2 (0:0, 0:0), Signal Iduna Park Dortmund, WM 2006, Halbfinale, 04.07.2006, Fifa WorldCupAtHome


Brutaler geht es nimmer. Zwei spätere Tore von Grosso und del Piero in den letzten Minuten der Verlängerung zerstörten den deutschen Traum vom Finaleinzug und brachten Italiens ins Finale der Fußball-WM 2006. Am Ende wurde Italien dann auch Weltmeister.
 
Deutschland gegen Italien, das ist einer der Klassiker bei Fußball-Großereignissen. Die deutsche Bilanz gegen die Squadra Azzura war 2006 schlecht, in entscheidenden Spielen unterlag die DFB-Elf immer. Aber wenn es eine Wende geben sollte, dann bei der Heim-WM, zudem auch noch in Dortmund, dem Stadion mit der besten Stimmung. Alle fieberten diesem Duell entgegen.
Die Stimmung im Lande war großartig. Vergessen waren die dubiosen Macharten der FIFA und der große Kommerz, eine nie gekannte Lockerheit herrschte in deutschen Landen. Das tolle Wetter, die vielen friedlichen Anhänger aus vielen Ländern – es war ein großes Vergnügen. Auch für Leute, die nicht im Stadion waren. Eben das Sommermärchen. Auch wenn es vielleicht gekauft war – was bei den Praktiken mancher FIFA-Vertreter nicht verwundert.  


Dabei wurden die Spiele ab Achtelfinale immer öder, viele Mannschaften machten erst einmal den eigenen Strafraum dicht. Nur Deutschland zeigte sich ganz anders als in den Jahren zuvor. Hatte sich die DFB-Elf bei vielen Weltmeisterschaften mit Zweckfußball ins Finale gemogelt, spielten das Team von Teamchef Jürgen Klinsmann auf einmal tollen Fußball. Selbst Leute wie der Kolumnist, dem die Nationalmannschaft sonst ziemlich egal war, zeigten sich beeindruckt.
Gegen Italien hatte die DFB-Elf im März noch 1:4 verloren, die cleveren Azzuri hatten jede Schwäche gnadenlos ausgenutzt. Besonders Bild machte Druck und forderte den Rücktritt Klinsmanns, der DFB zeigte sich jedoch standfest. 
Doch vor dem Halbfinale sah alles anders aus: Auch der Boulevard feierte das deutsche Team, spätestens nach dem Erfolg gegen Argentinien im Achtelfinale wollte Deutschland den nächsten WM-Titel nach 1954 und 1974.

Abnutzungskampf

Wenn man das Spiel heute wieder sieht, dann sind doch einige Phasen zu sehen, in denen nicht viel passierte. Aber im Juli 2006 war das egal, die Partie lebte von der stetig steigenden Spannung. Das Team von Marcello Lippi begann besser, die DFB-Elf wirkte nervös mit einigen Flüchtigkeitsfehlern. Nur die Zuschauer waren von Beginn an da und feuerten das deutsche Team an. Für Deutschland vergibt Lukas Podolski eine gute Möglichkeit, doch nach Halbzeit 1 war Lippi der „glücklichere Manager“, stellte Fifa-TV Fachkommentator Rodney Marsh fest.
So ein Retro-Kick ist auch ein Wiedersehen mit Leuten, die man früher gerne sah. Auf deutscher Seite etwa die damaligen Dortmunder Sebastian Kehl, David Odonkor oder Christoph Metzelder. Oder der „Straßenfußballer“ Bernd Schneider, dessen bestes Länderspiel vielleicht das 2002-Finale gegen Brasilien war. Auch Miro Klose fand ich immer gut, nur zu den Bayern hätte er nicht wechseln müssen.
Italien schickte zum Beispiel Torwartlegende Gianluigi Buffon, Mittelfeldkämpfer Gennaro Gattuso, Edel-Techniker Andrea Pirlo, Roma-Ikone Francesco Totti und den späteren Münchner Luca Toni auf den Platz. Toni blieb allerdings wirkungslos an diesem Abend.
Die zweite Halbzeit war im Nachhinein eher mau. „Zwei technisch starke Mannschaften neutralisieren sich“, meinte Marsh. Italien befand sich jetzt im Verwaltungsmodus, aber Deutschland konnte seine Vorteile nicht nutzen. Es ging in die Verlängerung. 

Latte, Pfosten und zweimal vergab Podolski

Und dort legte das Lippi-Team richtig los: Alberto Gilardino traf den Pfosten in der 91. Minute, eine Minute später hämmerte Gianluca Zambrotta den Ball an die Latte. Jetzt ging es hin und her: „Sieht aus wie ein olympischer Sprinter, der den Weg in ein Fußball-Team fand. Per Zufall“, lästerte der Fifa-Kommentator über David Odonkor nach einer missglückten Aktion. Doch dann servierte Odonkor eine maßgerechte Flanke, doch Lukas Podolski vergab.
„Poldi“ hatte noch eine weitere Großchance, aber Buffon parierte grandios. Das Elfmeterschießen schien unausweichlich und die Fifa-Reporter wunderten sich angesichts der deutschen Stärke in diesem Metier, dass Italien es darauf ankommen lasse. Sie irrten: Ein geniales Anspiel von Andrea Pirlo auf Fabio Grosso und nach 119 Minute führten die Italiener. Die deutsche Elf war geschockt und nach 121 Minuten setzte Altmeister Alessandro del Piero noch einen drauf. 2:0, Italien war im Finale, Deutschland am Boden.



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