„Bier, Minigolf, Mc Donald’s“ – wie Dänemark Europameister wurde
Dänemark – Deutschland 2:0 (1:0), Ullevi-Stadion Göteborg, EM-Finale 1992, 26. Juni 1992, Sportschau-Mediathek
Es war ein Sieg der Leidenschaft, ein Triumph der Hingabe.
Mit 2:0 besiegte Dänemark das favorisierte Deutschland im Finale der
Fußball-Europameisterschaft 1992 in Schweden. Dabei rückte das Team von Trainer
Richard Möller-Nielsen erst zehn Tage vor Beginn ins Teilnehmerfeld, weil
Jugoslawien wegen des dortigen Bürgerkrieges ausgeschlossen wurde.
Franz Beckenbauer, auch der „Kaiser“ genannt, hatte manchmal
ein ziemlich forsches Mundwerk. „Auf Jahre hinaus wird unsere
Nationalmannschaft unschlagbar sein“, prophezeite der damalige Teamchef des Weltmeisters 1990.
Denn zu den Spielern, die den Titel in Italien holten, kamen ja noch die Spieler aus der ehemaligen DDR hinzu: Matthias Sammer, Andreas Thom, Thomas
Doll, Ulf Kirsten und einige mehr.
Es war einer der meistzitierten Sätze des Kaisers. Nachfolger
Berti Vogts musste Beckenbauers kessen Spruch ausbaden. Seine Mannschaft
präsentierte sich zwei Jahre später bei der Europameisterschaft in Schweden wenig
souverän: Eine verdiente Niederlage in der Vorrunde gegen die Niederlande, im
Finale verloren die Adlerträger gegen den Außenseiter aus Dänemark.
Die Dänen waren nachgerückt, nachdem die UEFA Jugoslawien
wegen des Bürgerkrieges ausgeschlossen hatte. „Ich hatte erst tatsächlich einige
Bedenken, ob ich da wirklich hinfahren sollte, so ganz ohne richtige
Vorbereitung", erinnerte sich im kicker der damalige Dortmunder Stürmer
Flemming Povlsen. „Da kannst du natürlich auch schon mal kräftig eins auf die
Mütze kriegen."
Doch das Team aus Dänemark hatte schon Format. Mit Povlsen
und Brian Laudrup gab es zwei gute Stürmer, mit Peter Schmeichel stand ein
veranlagter Torwart zwischen Posten. Hinzu kam ein großartiger Teamgeist und
der ließ das Team die Vorrunde gegen Frankreich, Schweden und England
überstehen.
Im Halbfinale führten die Skandinavier zweimal gegen die
Niederlande durch Henrik Larsen, Dennis Bergkamp und Frank Rijkaard glichen für
das bislang beste Team der EM aus. Im Elfmeterschießen setzte sich dann der
Außenseiter durch.
Führung durch „Faxe“
Im Finale in Göteborg begannen beide Teams vorsichtig. Nach
etwa zehn Minuten wurden die Dänen mutiger und wurden in Minute 19 erhört.
Nach John „Faxe“ Jensens sattem Schuss stand es 1:0, die Vorlage gab der
unermüdliche Povlsen, der sich mit seinem früheren Kölner Mannschaftskollegen
Jürgen Kohler harte Zweikämpfe lieferte. Vorausgegangen war allerdings ein Foul
von Kim Vilfort an Andreas Brehme, monierten auch in der ARD Reporter Heribert
Faßbender und Experte Karl-Heinz Rummenigge.
Es war die erste dänische Torchance: „Dänemark kann jetzt
kontern und hat dafür gute Leute mit Laudrup und Povlsen“, ahnte Rummenigge
schon früh Unheil. „Deutschland wäre gut beraten, über außen zu kommen“,
empfahl der heutige Bayern-Boss etwas später, weil Torhüter Schmeichel immer
auf der Linie bleibe.
Aber die DFB-Elf tat sich schwer, besonders das deutsche
Mittelfeld wirkte langsam und wenig kreativ. Vielleicht wäre Stefan
Effenbergs Länderspiel-Karriere anders verlaufen, wenn er bei dieser EM
überzeugt hätte. Doch an diesem Abend wirkte der damals schon reichlich nassforsche Akteur wenig glücklich.
„Deutschland, Deutschland – alles ist vorbei“, sangen früh
die zahlreichen dänischen Fans. Flemming Povlsen, einer der ewigen
Publikumslieblinge bei Borussia Dortmund, lief und lief, er und seine
Mannschaftskollegen fanden immer eine Lösung.
Es war eine Partie mit vielen Fouls und harter Manndeckung. In
den achtziger und neunziger Jahren wurde viel härter gespielt. Und ich weiß das
auch aus eigener aktiver Erfahrung: Abwehrspieler bekämpften zu 95 Prozent
ihren direkten Gegenspieler.
Dänemark führte völlig verdient zur Pause, eine „unglaubliche
Moral“ attestierte ihnen auch Experte Rummenigge.
Handspiel vor dem 2:0
In der zweiten Halbzeit kam Thomas Doll für Matthias Sammer
ins deutsche Team, quasi ein Wechsel ehemaliger Ostspieler (und ein Tausch
zweier späterer BVB-Trainer). Das Spiel wurde aus deutscher Sicht nicht besser,
die Dänen warfen sich weiter erfolgreich in jeden Ball.
Deutschland beherzigte die Tipps Rummenigges und spielte
mehr über außen. Doch Peter Schmeichel, der später bei Manchester United große
Karriere machte, fing diesmal die Flanken souverän.
Das Spiel war wirklich nicht schön. Auch mit Doll fehlte es
Deutschland an Ideen, das dänische Bollwerk zu knacken. So fiel das dänische
2:0 durch Kim Vilfort nach 79 Minuten, wieder lag Schiedsrichter
Bruno Galler aus der Schweiz falsch, als er ein Handspiel des Dänen übersah. „Beide Tore
irregulär“, meinten die ARD-Experten und rätselten, was die deutsche Mannschaft
falsch gemacht habe.
Dänemark war das egal, sie waren verdienter Europameister
und feierten ausgelassen. Ohne große Vorbereitung: „Wir haben viel Bier
getrunken und gelacht, wir haben Minigolf gespielt und sind zu McDonald's essen
gegangen!" nannte Povlsen die Gründe des Erfolgs. Es war ein Sieg der
Lockerheit, auch wenn der gute Flemming ein wenig übertrieb.
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