Mutiger Underdog besiegt Juventus Turin


Hellas Verona – Juventus Turin 2:1 (0:1), Stadio Marcantonio Bentegodi, Verona, Serie A, 08.02.2020, DAZN

Juventus Turin führte 1:0 in Verona und kaum jemand gab noch etwas für Gastgeber Hellas. Doch es kam anders: Der hohe Favorit patzte, der Außenseiter drehte das Spiel noch. Es war ein Erfolg mannschaftlicher Geschlossenheit, Hellas Verona krönte seine bislang schon sehr erfolgreiche Spielzeit. Und Juventus wackelt an der Tabellenspitze der Serie A. 

Keine Ahnung, ob Tim Parks noch eine Dauerkarte bei Hellas Verona hat. Der Engländer, eigentlich ganz anderen Dingen schriftstellerisch zugewandt, hat das wunderbare Buch „Eine Saison mit Verona“ geschrieben. Dort hat er eine Spielzeit lang die Fans von Hellas Verona – Teile von ihnen waren damals rechts und rassistisch und sind es auch heute noch – begleitet. Parks machte sich auf die Suche nach der italienischen Seele und das Wichtigste im Leben vieler Italiener war/ist der Fußball. Das Buch ist eines der besten Fußballbücher aller Zeiten und wer es nicht kennt und heute noch ein Exemplar (das Buch erschien 2003) ergattert, sollte es unbedingt lesen.
Wenn der Autor am Samstagabend im Stadio Marcantonio Bentegodi war, durfte er eine der größten Sternstunden Hellas Veronas in den letzten 20 Jahren miterleben. Mit 2:1 besiegte diese Ansammlung der „No Names“ (DAZN-Kommentator Carsten Fuß) Tabellenführer Juventus Turin und sorgte für die dritte Saison-Niederlage der so mächtigen Alten Dame. Zum Vergleich: Der ganze Kader von Hellas Verona verdient ein Drittel von dem, was Cristiano Ronaldo bei Juventus erhält.
Aber es war ein durchaus verdienter Sieg der Gastgeber. Verona war sehr fokussiert, störte Juve früh und hatte Chancen. Der Videobeweis verhinderte einen Treffer von Kumbulla, auch die DAZN-Kommentatoren rätselten über die angebliche Abseitsstellung.
„Hellas bearbeitet wahnsinnig gut die Räume“ hatte DAZN-Experte Christian Bernhard schon vor dem Spiel erklärt. Das Team von Trainer Ivan Juric bestätigte damit die bislang so gute Saison: Platz 6, jetzt seit acht Spielen ungeschlagen. Damit hatte kaum jemand gerechnet.

Vorbild Atalanta

Juric war vorher bei CFC Genua und auch mal Assistenztrainer von Gian Piero Gasparini, ein Macher des Erfolges von Atalanta Bergamo. Das, so Bernhard, sei zu sehen: „Intensität, Laufbereitschaft, sehr gute Raumaufteilung – Hellas ist auf den Spuren von Atalanta.“
Doch nach 35 Minuten taute Juventus auf – und Cristiano Ronaldo ging voran. Drei Torchancen hatte CR7, inzwischen auch schon 35, noch vor der Pause und scheiterte noch knapp. 
Nach dem Wechsel blieb Juve konzentriert und bestimmte die Partie. Dybala sollte die Offensive weiter verstärken und natürlich CR7 traf in gewohnt souveräner Manier. Alles schien für den Favoriten zu laufen. Verona wirkte müde.
Doch Juventus wurde übermütig in Form von Bentancur, dessen arroganter Hackentrick Pjanic patzen ließ: Borini nutzte diese Fehleistungen zum unerwarteten Ausgleich. Und es kam noch besser: Der eingewechselte Routinier Pazzini verwandelte einen Handelfmeter zum 2:1 – wieder Videobeweis, diesmal hatte Juve-Abwehrrecke Bonucci gepatzt.
„Hellas steht vor der Krönung der Saison“, erklärte Bernhard kurz vor Schluss. „Souveränität bei Juve gleich null“, bemängelte Fuß.
Im jubelnden Hellas-Team stand auch Koray Günter, von 2008 bis 2014 im BVB-Nachwuchs ausgebildet. Bei den BVB-Profis spielten auf seiner Position damals Mats Hummels, Neven Subotic oder der Grieche Sokratis. So kam er nur zu zwei Einsatzminuten in der Bundesliga bei den Profis.
Die Zeit bei Jürgen Klopp möchte er aber nicht missen, erzählt er in diesem interessanten  kicker-Interview. Dann wechselte der Innenverteidiger, Heimatverein SV Höxter, zu Galatasaray Istanbul und später zu CFC Genua, wo er Trainer Juric traf und diesem nach Verona folgte. Es war nicht nur für ihn ein unvergessener Abend.   


    


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